Winternothilfe für Obdachlose

Kalte Nächte überleben


Kältetote? Doch nicht bei uns! So denken bestimmt viele in Deutschland. Trotzdem erfrieren hier im Winter immer wieder Menschen ohne feste Bleibe. Allein im letzten Jahr traf es vier obdachlose Männer in Frankfurt am Main, Hamburg, Hessisch Oldendorf und Lauchhammer (Brandenburg). Es ist eine schreckliche Bilanz, die sicher niemanden gleichgültig lässt.

Gerade in der kalten Jahreszeit ist daher die Arbeit der Heilsarmee für die Obdachlosen wichtiger denn je. Ob mobile Suppenküchen, Kleiderausgaben, Wärmestuben oder Notschlafplätze – unsere Angebote helfen Menschen in Not und schützen sie vor Kälte, Nässe und auch gewalttätigen Übergriffen.

Im Einsatz für die Schwachen

In verschiedenen Großstädten sind die Mitarbeiter der Heilsarmee regelmäßig mit mobilen Suppenküchen unterwegs, um zu den Obdachlosen zu fahren, die im Freien übernachten. In Berlin zum Beispiel fährt Elmar Reith mit seinem Einsatzwagen jeden Freitag zum Kottbusser Tor, einem der Hauptumschlagplätze der Stadt für harte Drogen. Hier, im Nordosten Kreuzbergs, sucht der Heilsarmee-Major mit seinem Team die auf der Straße Gestrandeten auf und versorgt sie mit warmer Suppe und heißem Kaffee.

Wenn der erste Ansturm auf die Essensausgabe vorüber ist, mischt sich Elmar Reith unter seine Gäste. Er hört ihnen zu und spricht mit ihnen über ihre Sorgen. Er macht ihnen Mut und vermittelt Zuversicht. „Das ist oft genauso wichtig wie ein warmes Essen und schenkt manchen neue Hoffnung“, sagt Reith. Besonders froh ist er, wenn es ihm gelingt, die Menschen davon zu überzeugen, weitere Hilfen anzunehmen, um ihrem Elend zu entkommen.

Nachts Leben retten

Major Michael Geymeier von der Heilsarmee in Bielefeld packt seinen Wagen mit Heißgetränken, Decken und warmer Kleidung für Obdachlose. Foto: Bernhard Pierel, Westfalen-Blatt;

Wenn die Temperaturen unter null Grad sinken, werden Mitarbeiter der Heilsarmee auch nachts aktiv. Zum Beispiel Michael Geymeier. Der Gemeindeleiter in Bielefeld hält nicht so viel davon zu warten, bis die Leute in ihrer Not zu ihm kommen. Er sucht lieber selbst nach Menschen, die im Freien übernachten, um ihnen das Überleben in der Kälte zu erleichtern.

Mit seinem Kältemobil startet der Heilarmee-Offizier meistens gegen 20 Uhr zu seiner nächtlichen Tour. Er fährt dann zu den Obdachlosen an den bekannten Stellen in der Innenstadt, am Bahnhof oder auch in die Waldgebiete von Gadderbaum. Überall dort, wo sich die Menschen draußen durchschlagen, versorgt er sie mit warmen Decken und heißem Kaffee.

In eisigen Nächten öffnet Michael Geymeier zusätzlich das Café „Open Heart“, das die Heilsarmee in der Siegfriedstraße 32 unterhält. Die Einrichtung, die normalerweise ein Tages-Treffpunkt für Bedürftige ist, bietet frierenden Menschen dann einen trockenen und sicheren Schlafplatz.

Lebenswichtige Hilfe im Nachtcafé

Um Menschen vor der Gefahr des Erfrierens zu bewahren, arbeitet die Heilsarmee in der Obdachlosenhilfe auch mit anderen Kirchen zusammen. In Dresden zum Beispiel wurde bereits in den neunziger Jahren gemeinsam die Initiative „Nachtcafé“ ins Leben gerufen. Seitdem bieten alle teilnehmenden Gemeinden in kalten Nächten des Jahres im Wechsel ihre Gemeinderäume als Notunterkunft an.

Die Heilsarmee öffnet samstags ab 20 Uhr ihr Nachtcafé. Im Schnitt kommen 18 Gäste in den Gemeindesaal der Reicker Straße 89. Zunächst werden Kaffee, Tee und Süßigkeiten angeboten. Dann hält Gemeindeleiter Gert Scharf eine kurze Andacht. Um 21 Uhr folgt die heiß ersehnte warme und kräftigende Mahlzeit.

Obdachlosigkeit kann jeden treffen

Wenn der Hunger gestillt ist und der Körper langsam wieder warm wird, findet sich auch Zeit für Gespräche. Manch einer, der im Laufe des Abends ein wenig Vertrauen gefasst hat, spricht dann über sein Schicksal. Es ist erschreckend, wie schnell sich die Abwärtsspirale drehen kann und wie sehr sich manche Lebensläufe gleichen.

Meist beginnt der Weg in die Obdachlosigkeit mit einem schweren Schicksalsschlag – mit dem Verlust der Arbeitsstelle, einer zerbrochenen Beziehung und damit verbundener Geldnot. Irgendwann kann die Miete nicht mehr bezahlt werden. Die Wohnung wird gekündigt. Dann findet man auch keine Arbeit mehr. Freunde und Verwandte ziehen sich zurück.

Oft finden sich die Obdachlosen im Laufe der Zeit mit ihrem Schicksal ab. „Doch wir zeigen den Betroffenen, dass es Menschen gibt, die es gut mit ihnen meinen“, sagt Gert Scharf. „Sie zu überzeugen, dass sie selbst dazu bereit sein müssen, ihr Leben zu ändern, erfordert allerdings ein hohes Maß an Vertrauen. Da kommt der Glaube an Jesus Christus ins Spiel, der die Herzen der Menschen verändern kann“, so der Heilsarmee-Offizier.

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